Das Wattenmeer ist ein Nationalpark, das Wattenmeer ist Naturschutzgebiet, das Wattenmeer ist Weltnaturerbe und das Wattenmeer ist Testgebiet der Bundeswehr.
Seit den 60er Jahren erprobt die Bundeswehr Munition im Watt. Warum, die Bundeswehr dort fleißig herumballern darf, liegt daran, dass in den 60er Jahren dem Land Schleswig-Holstein rund 30 Millionen Mark für den Ausbau der Köge in Dithmarschen fehlten und man rund 1500 Hektar Watt in der Meldorfer Bucht an die Bundeswehr verkaufte. Damals war das Watt weder Nationalpark, noch Weltnaturerbe, allerdings haben die alten Verträge mit dem Militär Bestandschutz behalten.
Ich selbst habe von den Übungen erst etwa 2013, 2014 mitbekommen, als ich eine Morgenrunde gejoggt bin und mich über einen lauten Knall jenseits des Deiches irgendwo zwischen Friedrichskoog und Elpersbüttel gewundert hatte. Wie nah die Explosion war, kann ich im Nachhinein nicht sagen, da im flachen Küstenland der Schall kilometerweit getragen wird, so keine Hindernisse im Weg sind. Allerdings war dies das erste Mal der Moment, als mir die Sperrzonenschilder am Aufgang des Deiches wirklich auffielen. Angst hatte ich nicht, aber es gibt auch Berichte, wo Geschosse keine 200 m neben einer fast 30-köpfigen Gruppe, die abseits des Testgebietes im Watt wanderte, einschlug.
Wenn ich die Berichte in den Dithmarscher Zeitungen richtig gelesen habe, dürfte es die Zeit gewesen sein, wo man neue Munition für den Schützenpanzer Puma getestet hat.
Natürlich habe ich Verständnis dafür, dass eine Einrichtung wie die Bundeswehr für den Verteidigungsfall gewappnet sein muss. Das für braucht es Manöver, Übungen und Tests.
Probleme bekomme ich eher damit wo man es macht.
Auf der einen Seite muss man dem Militär danken. Durch die Sperrzone ist hier ein Bereich entstanden, wo sich abgesehen von den Tests, die Natur ohne größeren menschlichen Eingriff entwickeln konnte. So Regionen sind selten und die Tiere und Pflanzen dort, dürften dankbar sein, dass sie weitestgehend ohne Limitierungen und Veränderung durch den Mensch leben können. Aber man sollte auch die Probleme nicht klein reden.
Die Salzwiesen im Militärbereich, die Inseln Trischen und Helmsand (letztere ist mittlerweile mit dem Festland verbunden) sind Vogelschutzgebiete. Beherbergen zeitweise zehntausende seltene Zugvögel und zudem einige durchaus rare Wattbewohner. Im besten Fall haben diese nur kaum Kontakt mit Menschen. Durch den Knall der Projektile, aber am Ende des Tages auch durch die Bergung mittels Hubschrauber, werden zehntausende Vögel aufgescheucht, was insbesondere in der Brutzeit aber auch der Mauser weder gut für die Tiere, noch deren Nachwuchs ist.
Noch schlimmer, durch die Test können Seehundjunge von ihren Müttern getrennt und zu Heulern werden. Seehunde sind durch Jagd und diverse Krankheiten immer noch auf der roten Liste der Tiere und vom aussterben bedroht, auch wenn deren Bestände sich langsam wieder erholen. Aber wird ein Jungtier von seinen Eltern getrennt, kommen diese nur selten wieder zusammen. Und in so einem menschenleeren Gebiet, ist es eher selten, dass diese gefunden werden und dann in die Seehundstation nach Friedrichskoog kommen und dort aufgepäppelt und wieder ausgewildert werden.
Es war nahe des Meldorfer Hafen, wo ich an einem Aussichtspunkt mit drei Fotojägern sprach. Diese Fotojäger machen gerne Naturaufnahmen, insbesondere von seltenen Tieren. Die Kameras sind mit Objektiven bestückt, mit der man locker eine Nahaufnahme einer drei Kilometer entfernten Kirchturmspitze machen könnte. Still verharren, diese bis sich endlich ein seltenes Tier zeigt. Ich war neugierig und man zeigte mir bereitwillig, die Aufnahmen des Tages. Spektakulär, selten und nie gesehen – zumindest von mir. “Wir versuchen so still und umsichtig zu agieren, dass kein Tier sich von uns gestört fühlt”, meinte der Älteste von den drein. Ich träumte abends im Bett auch von so einem XXL-Objektiv.
Bei den Übungen der Bundeswehr waren immer wieder einige Jahre Pause, wo man auf ein Ende hoffte. Tiefflüge der Militärjets wurde eine minimale Flughöhe von etwa 900 m, für Hubschrauber von 600 m auf freiwilliger Basis seitens der Bundeswehr festgelegt. Laut genug sind die Überflüge aber immer noch.
Letztlich ist es genau wie beim Strom: Jeder möchte gerne ökologischen Strom haben, aber die Stromtrasse und das Windrad möchte doch bitte außer Sichtweite stehen. Ähnlich kann man es mit diesen militärischen Tests und Übungen sehen. Man weiß, diese müssen sein, aber bitte nicht vor der eigenen Haustür. Allerdings muss ich sagen, dass sowas in einem Nationalpark und Weltnaturerbe einfach nicht passt und man doch andere Möglichkeiten finden sollte – und ich wohne eben nicht direkt neben dem Testgelände. Für mich geht hier der Schutz der Natur- und Umwelt einfach vor den militärischen Bedürfnissen und es sollte auch nicht unmöglich sein, Testmöglichkeiten zu finden, die weniger die Natur stören und wo weniger Schaden angerichtet wird.
Ein Ende der Übungen, obwohl von der Landes- und Lokalpolitik immer wieder gefordert, ist nicht in Sicht. Wer im Netz richtig sucht, findet eine amtliche Bekanntmachung aus dem Jahr 2020 vom Amt-Marne auf Anordnung des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr, aus der hervorgeht, dass eine weitere Nutzung des Militärgeländes vorgesehen ist, welche Bereiche wo und wie gesperrt werden können.
Eine Lösung, die eine Beendigung des Engagements dort vor Ort bedeuten würde, würde ich eher begrüßen.
Foto: Norbert Beck / Grafik-Layout: canva PRO und Norbert Beck
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Einst wollte er nur laufen. Dann kamen gesundheitliche Rückschläge und die Pflege eines Angehörigen, was zu einem jahrelangen Leben am gesundheitlichen Limit führte. Nun ist er wieder auf dem Weg zurück und sagt immer noch: „Ich bin schlank, man sieht doch nichts!“ Seine Ziele: gesünder leben, Kilos verlieren, Spaß haben und irgendwann wieder laufen.