Weihnachten, das Fest der Liebe, das Fest der Familie. Die Weihnachtszeit hat normalerweise immer ihren eigenen Zauber, wenn nicht wie in diesem Jahr mal wieder Corona das dominierende Thema ist. Man gönnt sich etwas Ruhe. Man hat Traditionen.
Früher war dies so, dass ich mit meiner Mutter am ersten Advent nach Bornhagen im historischen Klausenhof ein winterliches Menu speiste, in der Tenne die Weihnachtsausstellung besuchte. Zum zweiten Advent ging es auf den Weihnachtsmarkt nach Erfurt, am dritten oder vierten Advent wanderte ich auf die Wartburg.
Nun ist meine Mutter tot. Corona wirbelt unser aller Leben durcheinander.
Zum Advent ist der Rest des Weihnachtsschmucks aus dem Vorjahr aus der Wohnung meiner Eltern verschwunden. Ich hatte es vorher nicht geschafft. Eine kleine Krippe steht am Esstisch, auf der Anrichte steht statt dem Weihnachtsdorf eine Tanne aus Moos, zwei Rehe und ein Weihnachtsmann, auf dem Esstisch steht ein Weihnachtsgesteck, eine Leuchtkugel und eine kleine Weihnachtspyramide zieren den Schrank und ein Mini-Weihnachtbaum steht im Fenster.
Alles etwas weniger. Alles etwas kleiner.
Es wird mein erstes Weihnachten ohne das jemand meiner Eltern da ist.
Festliche Stimmung. Wo ist sie nur?
Vielleicht in den kleinen Traditionen?
Ich habe meine Zutaten zu dem üblichen Kartoffelsalat zuhause, meine schlesischen Würstchen.
Der Pelletofen brennt vor sich hin. Kerzen leuchten.
Etwas asthmatisches Husten.
Und zwei Kerzen.
Seit zwanzig Jahren gehe ich jedes Jahr Heiligabend auf den Friedhof und stelle eine Kerze am anonymen Grabfeld für meinen Vater ab. 20 Jahre weilt er nun nicht mehr unter uns. Und auch wenn wir unterschiedlicher nicht sein konnten, ich vermisse ihn immer noch.
Nun ist es das erste Jahr, wo ich zwei Kerzen auf dem Friedhof bringe. Meine Mutter hat sich Ende Januar verabschiedet. Leider liegt sich nicht, wie sie es sich wünschte auf demselben Grabfeld wie mein Vater. Daher bringe ich eine zweite Kerze auch zu ihrem Feld.
Man kann mich für verrückt halten. Ich stelle die Kerzen auf, spreche mit den beiden, als wäre sie bei mir und wünsche ihnen ein frohes fest.
Sicher wird es meine Mutter freuen wieder mit ihrem geliebten Mann zusammen zu sein.
Danach gibt es Essen und der Tag klingt ruhig aus.
Ein sehr Stilles besinnliches Weihnachten.
Ich hatte zwar eine Einladung aus der Verwandtschaft. Aber da ich leicht erkältet bin, habe ich Sicherheitshalber abgesagt. Man weiß ja nie in diesen Zeiten.
Morgen gibt es Entenbrust mit Kartoffel-Möhren-Pastinaken-Rösti und Rosenkohl, am zweiten Weihnachtsfeiertag Entenleber mit Rosenkohl und Spätzle oder Biernudeln. Es gibt den üblichen Bratapfel und Vanille-Birne mit Preiselbeeren.
Auch hier alles etwas kleiner… ihr wisst schon mein Magen.
Das Wichtigste ist aber die zwei Kerzen die die nächsten drei bis vier Tage auf dem Friedhof brennen werden und zeigen, dass ich zwei der wichtigsten Menschen in meinem Leben nicht vergessen habe und nie vergessen werde.
In dem Sinne wünsche ich Euch allen ein frohes Weihnachten. Genießt die Zeit mit Euren Lieben. Denkt dran, dass weniger manchmal mehr ist.
Foto: canva PRO / Layout: Norbert Beck
[rsnippet id=”1″ name=”Beitragsfooter”]
Einst wollte er nur laufen. Dann kamen gesundheitliche Rückschläge und die Pflege eines Angehörigen, was zu einem jahrelangen Leben am gesundheitlichen Limit führte. Nun ist er wieder auf dem Weg zurück und sagt immer noch: „Ich bin schlank, man sieht doch nichts!“ Seine Ziele: gesünder leben, Kilos verlieren, Spaß haben und irgendwann wieder laufen.