Jeder Läufer sieht in Laufen etwas anderes. Ich fand Laufen eigentlich schon immer gut. Man lief, man war an freier Natur und konnte seinen Problemen nachgehen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich laufender Weise schon mehrfach die globalen Probleme aller Art gelöst hatte. Die Sache hatte aber so ziemlich einen Haken. Ich hatte beim Laufen nie einen Block und Stift bei mir, sodass ich die Lösungen hätte aufschreiben können und nach dem Duschen, waren meine glorreichen Ideen wieder vergessen.
Ich fand es eine glorreiche Idee, überhaupt wieder mit dem Laufen anzufangen. OK, wüsste mein Arzt von meinem Unterfangen, der würde es ob des Gewichts als wahnwitzig bezeichnen. Schon wegen des Gewichtes und diverser anderer Probleme. Für mich gibt es aber irgendwie keine andere Wahl.
Nun stand ich da. Jogginghose, Hoodie, Laufschuhe, Kopfhörer, Handschuhe. Frisch vom Klo. Denn mit Drang zum Stuhlgang läuft es sich schlecht. Ich horchte nochmal in mich rein. Und irgendwas in mir erzählte was von „Schnapsidee“. Ich ignorierte die Gegenstimme meines inneren Schweinehundes und ging los.
Egal, in welcher Richtung ich losstarte. Irgendwo ist immer eine Ampel nach etwa 50 m im Weg. Nach dieser Wegsperre, die man morgens nach 6 Uhr durchaus ernst nehmen sollte, weil eben doch schon der ein oder andere zur Arbeit fährt, ging es dann richtig los. Leichter Trab.
Ein paar Mal hatte ich es ja schon probiert. Aber, dass das zu ernsthaften Training führen würde. Andere Leute starten mit Intervalltraining ins Laufen. 2 Min. Laufen/1 Minute gehen. So bin ich vor 11 Jahren mal ins Walking gestartet. Bleiben wir bei der Wahrheit. Der Anfang war 1 Minute walken, 2 Minuten gehen. Aber man erinnert sich ja, wohin das geführt hat.
Schnell fand ich meinen Rhythmus. Und ich war auch ein klein wenig stolz, dass das so gut klappte, auch ohne Gehpause. Das Geheimnis ist einfach, dass man so schnell macht, dass man sich noch locker beim Sauseschritt unterhalten kann, ohne das man nach Nebenluft zieht. Ein Fehler, den viele Anfänger machen.
Ein Jungspund hatte mir mal stolz davon erzählt, dass er sonntags laufen war. Ich fragte, wie viel er denn läuft. 1,5 Kilometer… Danach wäre er völlig ausgepowert gewesen. Als ich mit meiner Lebensmittelschwangerschaft im 49ten Monat dann nur meinte, dass ich dafür mir nicht mal meine Laufschuhe anziehen würde, sah man mich rätselnd an.
Was hat man davon 1,5 Kilometer mit 110 % zu laufen und das wieder, wieder und wieder? Davon bauen sich keine Grundlagen auf. Die Grundlagen kommen mit vielen langsamen und mittleren Trainingseinheiten, die eben mehr als 1,5 Kilometer lang sind. Und das Tempo kommt durch Spitzeneinheiten, wo man eben an seine Grenzen geht. Oft wird das auch mit Intervallen gemacht. Allerdings wird da das, was ich früher Walken nannte, mit Sprints ersetzt und die Gehpause ist laufen im normalen Tempo.
Ich dachte mir nur: „Junger, Padawan, auch Du wirst das lernen noch.“ Nur da wusste ich noch nicht, auf was für mehr Spinnereien man noch kommen könnte.
Der Weg zur Pferdetherapie geht leicht bergauf. Das strengt mehr an, ging aber noch.
In der Kurve in Richtung der Felder gibt es ein kleines – mittlerweile doch sehr zerfallenes – Haus. Dort waren früher immer Katzen. Ich bin mir sicher, dass diese dort irgendwie angefüttert wurden. Aber es war drollig, da morgens einen zig-zack lauf zu machen, weil die Felltiere sich keinesfalls dafür interessierten, dass ich eigentlich nur da durchlaufen wollte, geschweige denn dass diese Angst vor mir hatten.
Die Katzen waren nicht mehr da. Gut, ich konnte auch nicht erwarten, dass diese über 10 Jahre warten, dass ich wiederkomme. Vielleicht hätte ich ihnen ein Schildchen hinstellen sollen, dass ich ab 11.03. wieder fast täglich vorbeikomme. Oder eine Tüte Trockenfutter oder ein Schälchen „Friss das“.
Neben mir gluckerte ein kleiner Bach. Ich glaub, man nennt diesen Zeckelsgraben. Ab dem Hospitalbrunnen läuft dieser entlang des botanischen Gartens und dem Stadtgraben dann unterirdisch weiter in Richtung Werra. Normalerweise ist dies nur ein Rinnsal. Im Sommer schon mal halb vertrocknet. Bei Regen dehnte er sich schonmal auf dem Weg aus oder lief beidseitig entlang des Wegs in dem vorbestimmten Graben.
Vor den Feldern kommen mehrere Pferdekoppeln. Des Öfteren sieht man hier auch Pferde. Für mich war es Zeit, auf die Uhr zu gucken und eine schnittige Wende hinzulegen.
Ganz hundertprozentig war der Lauf nicht. Denn entlang des Zeckelsgraben geht es wieder Bergauf. Und ich merkte langsam, dass ich eins nicht gemacht hatte.
Morgens und Abends nehme ich jeweils zwei Hübe von meinem Asthmaspray. Spray ist falsch gesagt, es ist ein Inhalator, der ein sehr feines Pulver in meine Bronchien mittels starkem Einatmen hineinbefördert.
Starte ich irgendwann wieder mal bei einem Wettkampf, muss ich dies formell sogar angeben, da das Mittel auf der Dopingliste steht. Durch ein entsprechendes Attest meines Lungenarztes, wäre dies jedoch OK, da ich ohne Asthmamittel nicht in der Lage wäre überhaupt Sport zu betreiben.
Genau, dies hatte ich vor dem Laufen vergessen. So konzentriert, wie ich war, zog ich mich direkt lauf fertig um, ging aufs Klo und lief. Kein Asthmaspray, kein nichts. Normal hätte ich auch noch bisschen warten müssen, bis das Spray seine Wirkung zeigt. Aber ich wollte laufen. Ich war der kleine Junge, der Heiligabend auch kein Bock vor der Tür zu warten, dass das Glöckchen klingelt um zu sagen, dass das Christkind da war und es nun Geschenke gibt.
Das rächte sich. Und noch was rächte sich. Denn das Notfallspray, was ich auch noch habe, war nicht im Hoodie, sondern in meiner Arbeitstasche. Na super. Wie gut, dass das Spray da noch ¾ voll ist und ich in 10 Tagen von meinem Lungenarzt, ein neues Spray verschrieben bekomme, was dann zu meinen Sportsachen wandert.
Eigentlich ging es nur darum, den Hals zu beruhigen. In manchen Situationen reicht da auch ein Kräuterbonbon. Wobei ich mir ziemlich sicher bin, dass es mich eher von den Problemen ablenkt, als es diese löst.
Der Hund, der sein Frauchen spazieren führte, traute nicht mich anzubellen. Wahrscheinlich war ihm das dicke, beim Luftholen pfeifende Ungetüm auf zwei Beinen einfach zu unheimlich. Unheimlich war es mir eigentlich auch, dass das ganze mit dem Laufen zwar sehr, sehr langsam, aber gut ging. Meine Bronchien pfiffen zwar, aber nicht so, dass ich gleich einen Hustenanfall bekommen müsste und den Lauf abzubrechen hätte.
Nicht ganz 30 Minuten für 2,2 Kilometer. Schnell ist anders. Früher bin ich in der Zeit 5 Kilometer-Wettkämpfe mit um die 200 Höhenmetern gelaufen. Ist ja erst der Anfang.
Zufrieden, ging es erst an den Frühstückstisch, dann unter die Dusche und danach an die Arbeit.
Es ist schon ein behebendes Gefühl, wenn man an die Arbeit kommt und das wichtigste des Tages erledigt hat.
Seit einiger Zeit habe ich es mit dem Rücken zu tun. Immer wieder schmerzhaftes ziehen aus Richtung Lendenwirbelsäule und Hüfte. Manchmal ein Stechen, wenn ich mich falsch drehte oder bewegte.
Als ich von meinem ersten Training berichtete, kam als Antwort: „Wie kannst Du morgens schon trainieren? Ich denke, Du hast Rücken?“ Es trat eine kurze künstlerische Ruhepause ein. Ich setzte ein ernstes Gesicht auf und fragte ohne dabei auch nur eine Miene zu verziehen: „Ich habe Rücken?“, machte wieder eine gekünstelte Atempause und setzte fort: „Falsch, der Rücken hat mich!“ und setzte nun ein selbstsicheres Lächeln auf, wie es nur Chuck Norris hinbekommen hätte.
Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert.
Apropos Plan: Ich fand heute noch ein paar unbenutzter Lunge-Schuhe wieder. Fis-Irgendwas, eine Sonderedition des Erfurter Laufladens. Eigentlich war der Schuh ziemlich identisch mit dem C-Dur. Kennt Ihr nicht? Das sind alte Bezeichnungen bei Lunge. Heute heißen, die Schuhe anders, sehen aber genauso retro aus. Sind aber auch genauso gut, genauso teuer und dennoch mag ich sie sehr. Mein Schuh für die längeren Runden. Sonntags. Weil samstags ist Trainingspause.
Foto: Norbert Beck / Beitragsbild-Layout: canva PRO und Norbert Beck
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Einst wollte er nur laufen. Dann kamen gesundheitliche Rückschläge und die Pflege eines Angehörigen, was zu einem jahrelangen Leben am gesundheitlichen Limit führte. Nun ist er wieder auf dem Weg zurück und sagt immer noch: „Ich bin schlank, man sieht doch nichts!“ Seine Ziele: gesünder leben, Kilos verlieren, Spaß haben und irgendwann wieder laufen.