Sylt, die nördlichste Insel Deutschlands. Ein Traum der Reichen, der Träumer oder manchmal beider, oder auch von keinem von beiden. Diesen Oktober habe ich meinen Urlaub auf der Insel verbracht. Einerseits war es ein schöner Urlaub, andererseits hat er mich nachdenklich gestimmt.
Wer nach Sylt reist, kann dies entweder mit dem Autoshuttle der Bahn oder per Fähre aus Dänemark tun. Ich habe gelernt, dass die Fähre trotz des Umwegs über die dänische Insel Rømø der einfachere Weg ist. Er ist kostengünstiger, stressfreier und angeblich erlaubt die Fähre immer noch Wohnwagen, was bei der Bahn nicht mehr der Fall ist. Ich hingegen reiste mit der Bahn an.
In Westerland halten ICs sowie die Linie 6 des Nahverkehrs aus Richtung Hamburg-Altona und einige Schienenbusse aus Niebüll. Warum Schienenbusse? Nun, auf Sylt wird viel Urlaub gemacht, aber nicht alle, die dort arbeiten, finden Wohnraum, geschweige denn bezahlbaren Wohnraum. Eigentlich kein Problem, sollte man meinen. Allein im September dieses Jahres kam es zu einem Stellwerksausfall, einer blockierten Weiche oder nicht verfügbarem Personal. Das Ergebnis war, dass der Nahverkehr auf der Insel zusammenbrach, mit gelegentlichen Zugausfällen dazwischen.
Ich saß im Bistro am Bahnhof Westerland, wo eine junge Frau zwei Tische weiter über die Zugausfälle fluchte. Der erste Schienenbus fiel aus, und die Regionalbahn kam erheblich verspätet. Am Ende des Tages hatte sie 5 1/2 Stunden gearbeitet, anstatt der üblichen 8 Stunden. Wie soll man da auf positive Stunden kommen? Verständlich, dass Frust aufkommt.
Der Bäcker in meiner Unterkunft hatte seine Filiale drei Tage vor meiner Abreise, die drei Häuser weiter war, vorübergehend geschlossen. Das gleiche galt für vier weitere Filialen, während die Öffnungszeiten der verbleibenden Geschäfte reduziert wurden. Der Grund: Personalmangel.
Aber zu behaupten, dass der Mangel an Wohnraum und die Verkehrsprobleme die einzigen Gründe für die Herausforderungen auf Sylt sind, wäre zu simplistisch. In der Mitte Deutschlands gibt es ebenfalls Metzgereien, die seit fast zwei Jahren ihre Öffnungszeiten drastisch reduziert haben, weil sie keine neuen Mitarbeiter finden können. Offenbar möchten immer weniger Menschen harte Jobs übernehmen.
Nun zur Anreise auf die Insel: Ich bin Mitglied in Facebook-Gruppen für Hamburg, Dithmarschen, Sylt und Helgoland. Es ist schön, Bilder aus der Region zu sehen, aber oft ist die Verklärtheit in diesen Gruppen erschreckend. Die meisten Mitglieder sehen die Insel durch die berühmte rosarote Brille, und zwischendurch hört man das übliche Gejammer: “Sylt ist teuer.”
Da wird berichtet, dass man ständig für das Parken zur Kasse gebeten wird. Hier 5 Euro, dort wieder 5 Euro. Aber mal ehrlich: Wenn man in manchen Großstädten parkt, kann man leicht 20 bis 30 Euro loswerden. Auf Sylt gibt es von günstigen bis teuren Optionen in allen Bereichen: Unterkunft, Essen und natürlich Touristenattraktionen. Wenn man alle möglichen Touristenattraktionen besucht und Souvenirs kauft, kann das schnell teuer werden.
Man muss seinen Luxuswagen nicht unbedingt nach Sylt bringen. Mir persönlich war es ohnehin peinlich, wie einige Leute mit ihren hochglanzpolierten Luxusautos von Audi, Mercedes oder BMW durch die Straßen gurken, nur um gesehen zu werden.
Eigentlich benötigt man auf Sylt kein Auto. Im Gegensatz zu meiner Heimatregion, in der in etlichen Orten nur vor und nach der Schule Busse fahren und an manchen Stellen überhaupt kein öffentlicher Nahverkehr verfügbar ist, funktioniert hier der öffentliche Nahverkehr recht gut. Natürlich kommt es gelegentlich zu Ausfällen, aber ich habe in dieser Hinsicht keine Probleme erlebt. Die Busse waren in einem Zeitrahmen von +/- 3 Minuten pünktlich, wenn auch zu Stoßzeiten manchmal überfüllt, insbesondere auf dem Weg nach List.
Es gab jedoch einige Dinge, die mich befremdeten.
Im Oktober, wenn die Saison zu Ende geht, waren viele Orte, die ich besuchen wollte, leider geschlossen. Öffnungszeiten nur von Freitag bis Sonntag und dann auch nur bei schönem Wetter und nur für einige Stunden. In der Nebensaison erwartet man keinen perfekten Service, aber die Woche hat nun mal mehr als nur Freitage bis Sonntage.
Die Gäste vor Ort waren ebenfalls interessant. Einige benahmen sich seltsam und schnoben herum, als ob sie sich an imaginären Türen stießen. Andere schienen die Geographie der Insel nicht zu verstehen. Eine Frau im Bus bemerkte erstaunt: “Auf der Seite ist ja auch Meer.” Sylt ist an der schmalsten Stelle etwa 500 Meter breit, und ja, auf beiden Seiten ist Wasser. Das ist eben das Schicksal einer Insel. Genauer gesagt, zur Nordsee hin ist es “Meer”, und in Richtung Festland handelt es sich eher um Watt, wobei das Wasser dort auch mal 20 Meter oder mehr tief sein kann. Man sollte schon wissen, wo man sich befindet.
Einige besser betuchte Personen amüsierten sich darüber, dass an einigen Stellen auf der Insel immer noch gebaut wird. Sie fragten sich, ob es sich lohne zu bauen, wenn die Meere wie prognostiziert ansteigen und Teile der Insel in 100 Jahren unter Wasser liegen würden. Nun, zeigen Sie mir ein Haus, das heute ohne ständige Instandhaltung 100 Jahre übersteht. Dazu kann es auch viel schneller gehen.
Die großen Fluten von 1362 und 1634, auch als “Grote Mandränke” bekannt, haben die Küste erheblich verändert. Die Insel Strand brach auseinander, das sagenumwobene Rungholt ging unter, und der Hauptort von Sylt lag einst einige hundert Meter weiter im Meer. Der Name “Westerland” stammt eigentlich von einer Flurbezeichnung in Tinnum, die sich jenseits von Eidum befand und bei der Allerheiligenflut von 1436 letztmalig zerstört wurde.
Der Küstenschutz mag zwar verbessert worden sein, aber bei einer großen Sturmflut oder Dammbrüchen? Eigentlich wird viel zu wenig in den Küstenschutz investiert, genauso wie in den Hindenburgdamm. Der Damm wurde errichtet und dann wirtschaftlich ausgereizt. Die Züge zwischen Westerland und Niebüll fahren so langsam, dass es kaum anderswo Züge gibt, die so langsam fahren. Auf der R6-Strecke könnte man problemlos über eine halbe Stunde einsparen, wenn die Strecke auf einen modernen Stand gebracht würde.
Aber es gibt auch Probleme beim Bau. Lohnt sich das Bauen nicht? Das ist wirklich zum Lachen. Nicht nur in List bin ich an Baustellen vorbeigekommen, auf denen Schilder standen: “Hier entstehen 6 Ferienwohnungen und 2 Dauerwohnungen.” Sollte das Verhältnis nicht umgekehrt sein, angesichts des Bedarfs? Und was bringen Dauerwohnungen, wenn sie von Festlandbewohnern als Zweitwohnsitze genutzt werden? Abgesehen davon können sich die meisten Menschen die Wohnungen ohnehin nicht leisten.
Am Hörnumer Hafen bin ich an einem Schaukasten einer Bausparkasse vorbeigelaufen, auf dem Immobilien angeboten wurden. Mein Eindruck: Selbst für einen Vogelnistkasten kann man auf der Insel vermutlich sechsstellige Beträge erwarten.
Eins muss ich jedoch loben, neben dem Nahverkehr: Sylt ist sauber. Sicher sieht man gelegentlich Kaugummipapier an der falschen Stelle, aber das ist die Ausnahme. Die Mitarbeiter der städtischen Bauhöfe sind fleißig und halten die Insel regelmäßig in Ordnung. Sogar die Strandpromenade wird gefegt, wenn der Wind mal wieder Sand darauf geweht hat. Leider werden die Treppen hinter der Promenade in die Stadt oft vergessen, was ein ernsthaftes Problem für ältere Menschen und Gehbehinderte darstellt. Aber immerhin, an der Promenade sieht es gut aus.
Dennoch sollte man nicht mit dem Flugzeug nach Sylt reisen. Zumindest nicht, wenn man kein Taxi findet oder es aus irgendeinem Grund nicht bezahlen will. Es fährt kaum ein Bus zum Flughafen. Zu Fuß läuft man auf Teilen der Strecke auf der Straße und hofft, dass kein Auto von vorne oder hinten kommt. Immerhin werden am Flughafen Sylt etwa 150.000 Fluggäste abgefertigt. Beachten Sie, dass der Flughafen in meiner Nähe, Kassel-Calden, im Jahr 2022 nur knapp 116.000 Fluggäste abgefertigt hat.
Eine Frage beschäftigt mich: Ist Sylt nicht sicher? Es laufen seltsame Leute herum, die gelbe Westen tragen, auf denen “Sicherheit” steht. Nein, es geht nicht um die Sicherheit der Gäste auf Sylt. Diese Menschen haben Müllsünder, Wildpinkler und nächtliche Strandlautstärkemaximalfeierer im Visier.
Bei allem Verständnis wirkt das Ganze etwas seltsam, vor allem wenn man bedenkt, wie die Personen auftreten.
Obwohl mein Urlaub auf Sylt sehr schön war und ich die Natur genossen und viel unternommen habe, muss ich nicht immer die rosarote Brille tragen und nicht alles gutheißen.
In den nächsten Tagen wird es weitere Berichte geben, darunter auch kritische, die möglicherweise nicht jedem gefallen werden.
Foto: Norbert Beck / Beitragsbild-Layout: Norbert Beck
Rechtschreibung
Die Interpunktion und Orthographie dieses Textes sind frei erfunden. Eine Übereinstimmung mit aktuellen oder ehemaligen Rechtschreibregeln wäre rein zufällig und ist nicht beabsichtigt.
Mal im Ernst: Jeder, der schreibt, macht mal Fehler. Die Texte in diesem Blog werden vor Veröffentlichung mit einer Basic-Version von languagetool.org geprüft, sodass zumindest die gröbsten Fehler draußen sein sollten. Damit haben die Texte in diesem Blog schon mal weniger Fehler als die unserer hiesigen Heimatzeitung, und das will schon was heißen.
Teile die Beiträge
Wenn dir der Beitrag gefallen hat, wäre es schön, wenn du ihn auf sozialen Medien wie Facebook, Twitter, Instagram und Co. teilen würdest. Das Teilen der Beiträge hilft, diesen Blog und dessen Podcast bekannter zu machen, sodass noch mehr Leser die Beiträge lesen. Und je mehr Leser, umso mehr Spaß macht allen Beteiligten der Blog.
Kommentare, Ideen und mehr
Hast du Ideen oder Themen, worüber man schreiben könnte, oder Tipps? Dann schreibe doch einfach eine Mail über das Kontaktformular oder an die Mailadresse im Impressum. Oder noch einfacher: Hinterlasse einfach einen Kommentar. Eure Reaktionen zeigen, dass Interesse an dem Blog und dem dazugehörigen Podcast besteht. Man könnte dies auch als eine Art Applaus verstehen, so wie ihn Leute bekommen, die auf einer Bühne stehen.
Einst wollte er nur laufen. Dann kamen gesundheitliche Rückschläge und die Pflege eines Angehörigen, was zu einem jahrelangen Leben am gesundheitlichen Limit führte. Nun ist er wieder auf dem Weg zurück und sagt immer noch: „Ich bin schlank, man sieht doch nichts!“ Seine Ziele: gesünder leben, Kilos verlieren, Spaß haben und irgendwann wieder laufen.