Zurück in die Gegenwart – Alte Pfade

Es war ein herrlicher Samstag. Die Wocheneinkäufe waren erledigt. Die Sonne lächelte mit dem blauen Himmel um die Wette und ich machte mit dem Auto eine kleine Ausfahrt. Eigentlich war ich nur überrascht, dass der Weg von Wanfried auf Auer Seite über Niederdünzebach nach Eschwege wieder frei war. Eine schier endlos dauernde Baustelle versperrte mir den Weg zu frischem Ei und allerlei Gemüse im Sommer oder ich hätte einen kilometerlangen Umweg fahren müssen. Beides war keine gute Option.

Am Werratalsee, aber auch später in der Werraaue sah ich von der Ferne Läufer, die auf dortigen Wander- und Radwegen ihre Strecken liefen. Ich kannte die Strecken nur zu gut. Sonntags morgens um 5.00 Uhr startete ich vor der Haustür, schlurfte langsam Richtung der Leuchtberge und verschwand weit vor dem Morgengrauen in Richtung Wanfried. Die einfache Strecke Eschwege – Wanfried waren etwa 10 Kilometer. Von meiner Haustür durch die Stadt bis zu den Sportplätzen, wo ich üblicherweise startete waren etwa 1,7 Kilometer. Also reden wir von insgesamt 23,4 Kilometer, die ich Sonntag für Sonntag lief.

Ich kann mich noch ziemlich genau an einen meiner ersten Läufe erinnern. Ich war mir recht unsicher, ob ich so eine wahnwitzige Distanz überhaupt schaffen würde. Irgendwann hatte ich die Fischteiche hinter Aue passiert und lief tatsächlich auf Wanfried zu. Ein tolles Gefühl. Sorry, nein, eigentlich hatte ich eher ein anderes Gefühl, und zwar dass ich mir gleich in die Tights machen würde. Ja, ich habe tatsächlich mal Tights getragen. Kann ich mir heute kaum noch vorstellen.

Über die Werrabrücke trabend, sah ich, dass eine Dame die Gaststätte an der historischen Wanfrieder Schlagd säuberte. Und die Tür zu den WCs war offen. Ich fragte höflich, ob ich denn mal könnte und sie gab mir ihr OK. An den folgenden Wochenenden lachte sie schon von weiten, wenn sie mich über die Brücke laufen sah, war ich doch der des Sonntags in der Morgendämmerung von Eschwege nach Wanfried lief, um scheinbar dort auf Klo zu müssen. Ich war eigentlich nur froh, dass ich nicht irgendwo ins Feld verschwinden musste und stattdessen ein normales Klo benutzen konnte.

Der Bäcker öffnete damals um 8 Uhr. Und ich schlurfte regelmäßig auf dem Heimweg durch die Backstube und nahm meine Standardbestellung mit. Zwei Butterhörnchen, zwei dänische Brötchen, zwei Mehrkornbrötchen und ein Rogenbrötchen für meine Mutter. Sie hasste Körnerbrötchen, weil die Körner immer in ihrer Zahnproteste hängen blieben.

Eine schöne Zeit.

Auf der Heimfahrt kam ich die Gartenstraße herunter, die ich so oft hinaufgelaufen bin. Stadtrunde. Eine Runde von der Haustür um die äußere Kante der Altstadt waren genau 3,4 Kilometer. Diese Runde bin ich lange Zeit jeden morgen gelaufen. Mal vorwärts, mal rückwärts. Also ich bin nicht rückwärts gelaufen, sondern habe nur den Streckenverlauf umgedreht.

Die Anfänge waren aber ganz andere. Ich trabte die Straße runter, Richtung Friedhofspark. Dort ging es am ehemaligen Feuerlöschteich vorbei. Dieser ist seit Jahrzehnten zugeschüttet und heute eine Wiese. Dann ging es rechts in Richtung Gut Friedrichsruh hoch. Vorne an der Reittherapie bog ich rechts ab, am Haus wo massig Katzen lebten vorbei einen kleinen geteerten Weg hinter dem Höhengraben hinauf. Wenn meine Stoppuhr 15 Minuten anzeigte, machte ich eine schnittige Wende und dann ging es wieder den Weg zurück.

Jeden Tag ging es etwas weiter. Bis ich irgendwann die Höhe der Gärten über dem Höhenweg erreichte. Über einen Querweg trabte ich die Steilpassage zum Höhenweg und dort wieder hinunter bis nach Hause. Das war meine erste Runde, die ich lief. Nicht ganz 3 Kilometer, aber trotzdem war ich stolz wie Oskar als ich diese wieder schaffte.

Mit meiner neuen Ernährung hatte ich so einiges geschafft. Bessere Zuckerwerte. Besseres Befinden. Erste Kilos, die schwanden.

Dann war da noch eine medizinische Sache, die scheinbar glimpflich ausgegangen ist. Trotzdem riet man mir kürzerzutreten. Treten finde ich eine gute Idee und morgen ist es genau 11 Jahre her, dass ich mich extremst verschlankte und irre Spaß dabei hatte.

In der Anfangszeit ging ich 6 Tage die Woche auf eine Standardrunde. Sonntags gab es eine Runde, die immer länger wurde. Unter der Woche gab es abends zwei bis drei längere Trainingseinheiten. Später kamen Kraftübungen und Stabilitätsübungen dazu. Der Rest ist Legende.

Wäre es so einfach?

Ich bin ehrlich. Ich würde gerne wieder sonntags morgens auf den Weg nach Wanfried sein und auf dem Heimweg meine Brötchen in der Backstube abholen. Obwohl, das wird nichts. So schnell werde ich nicht mehr. Der Bäcker macht jetzt schon morgens zwischen sechs und sieben auf.

Tights passen mir definitiv keine mehr. Es gibt halt keine in der Größe „Kleiner Elefant“ und ich denke, es ist auch besser, wenn ich meiner Umwelt den Anblick nicht zumute und lieber eine normale Jogginghose anziehe, wie ich es damals zum Anfang gemacht habe.

Ich bin beim Laufen eh der Verfechter, dass die Klamotten die man beim Laufen anhat keine Rolle spielen, solange diese bequem genug sind. Die Laufschuhe sind das wichtige und die müssen zu den Füßen passen.

Damals hatte ich mir dermaßen viel Wissen über Laufschuhe angeeignet. Das Verrückte: Das meiste weiß ich heute noch. Wenn ich in meinem derzeitigen Job irgendwann nicht mehr wollen würde, ich glaub, ich könnte jederzeit als Al Bundy der Laufschuhe durchstarten.

Man sagt, Frauen haben einen Schuhtick. Ja das stimmt, dann habe ich aber einen Laufschuhtick.

Ich habe zuletzt aufgeräumt und einiges an kaputten Schuhwerk endlich entsorgt. Trotzdem habe ich noch ein gutes Trainingspaar Schuhe von Asics, eins von Brooks. Ein paar Brooks sind kaputter Weise, dieser Tage ein Paar einer komischen neuen Firma Within gewichen, die seltsamerweise auch recht bequem sind. Dann habe ich noch zwei paar Brooks Geländeschuhe, ein paar von Hoka, eine Berlin-Sonderedition vom Brook Ghost, im Design der Berliner Mauer, die ich mich gar nicht traue zu laufen, weil ich Angst habe das schöne Motiv kaputt machen, ein paar von Lunge, ein paar Clouds…. Muss ich wirklich weitermachen?

Aus früheren Zeiten weiß ich, dass es guttat, mehr als ein Paar Schuhe zu haben, die zu den Füßen und dem Laufstil passen. Man konnte so verschiedene Anreize setzen. Und man konnte so öfter laufen. Schuhe brauchen nach einem Training immer eine Erholungsphase.

Irgendwie sah ich mich um. Sportracks gibt es nicht mehr. Das war eine Software, mit der ich damals offline meine Trainings verwaltet hatte. Später nutzte ich Runalyze. Ich sah mir das Programm an. Schade das man es nicht mehr wie früher auf seinem eigenen Server installieren kann. Das fand ich irgendwie schön. Und irgendwie habe ich das Gefühl, dass das Tool noch mächtiger und noch mehr überfrachtet ist, wie früher. Ich will doch einfach nur meine Trainings erfassen und keine endlosen Auswertungen wie ein Spitzensportler machen.

Eine Tabelle quasi wann ich wie und wo Training gemacht hab, wie viel ich gemacht hab. Ggf. noch den Puls und wie ich mich gefühlt habe. Wenn ich noch das Gewicht und dessen hoffentlich Verluste erfassen könnte, wäre dies von Vorteil.

Ich habe eine Trainingshose herausgesucht. Ich laufe allgemein viel mit Trainingshosen rum, diese meist aber so, dass diese wie Alltagsklamotten aussehen. Diese war aber blau. Morgens ist es noch frisch, also friemelte ich meine alten Laufhandschuhe aus einer Schublade. Ein Hoodie in quietschorange liegt auch bei den Sachen dabei. Paar Socken, mein Kopfhörer, meine alte Laufuhr. Ich denke, das war es.

Morgen werde ich zu meiner ersten Runde aufbrechen. Vorbei am Park vor dem Friedhof zur Pferdetherapie. Ob die Katzen noch da sind? Es ist immerhin über 10 Jahre her.

Einen Tag die Woche möchte ich trainingsfrei haben. Ansonsten wird es morgens wieder täglich 30 Minuten Training geben. Dreimal die Woche gibt es Abends Training. Im Wechsel zweimal Kardio und einmal Kraft/Stabilität in der einen Woche und in der anderen Woche umgekehrt, zweimal Kraft/Stabilität und einmal Kardio. Ich habe dazu gelernt. Immer nur dieselbe Belastung geht nicht und mein Körper braucht die Unterstützung durch gezielte Übungen, wenn ich wieder laufen können will.

Ein Lauffreund aus einem Laufforum, er nannte sich Schiky, wollte nach Fröttstett – mittlerweile weiß ich auch wo dieser Ort liegt -, ich will nach Wanfried. Zu Fuß. Und zurück. Irgendwann.

Ich habe mal gesagt, dass ich nie wieder Wettkämpfe laufen würde. Ganz ausschließen, möchte ich nicht, dass ich irgendwann wieder an einer Startlinie stehe. Aber die Zeiten wo es darum geht, dass ich unbedingt ein Rennen schneller als das andere beenden möchte oder wie 2013 über 40 Wettkämpfe in eine Saison packe sind vorbei. Auch werde ich bei keinen Cups mehr mitmachen. Doch vielleicht einen, irgendwann mal.

Es gibt Veranstaltungen, wo ich gerne mal dabei wäre. Der Nordseecup, wäre so eine Reihe. Diverse Läufe auf Nordseeinseln, an der Küste und einer davon geht von Cuxhaven zur Hamburger Hallig, mit garantiert Watt an Körperstellen wo man sich hinterher fragt, wie da überhaupt Watt hinkommen kann. Die Zeit wäre mir scheissegal. Aber ich stelle mir diese Schlammschlacht irgendwie lustig vor, auch wenn ich hinterher fix und fertig sein werde.

Und Eislaufen und Karate möchte ich irgendwann auch lernen. Aber das sind ganz andere Geschichten, die ich vielleicht irgendwann anders mal erzähle.

Fangen wir erstmal langsam an… Erst mal 15 Minuten lostraben, dann eine schnittige Wende machen. Hinterher duschen und Frühstücken und mit einem Grinsen an die Arbeit, dass ich mein Training schon hinter mir habe. Alte Pfade halt… ich hoffe auch alte Erfolge.

Foto: ich beim Volkslauf von Obervorschütz 2012 / Layout: canva PRO und Norbert Beck


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