Das böse Erwachen – aber Brokkoli ess ich trotzdem nicht

Eigentlich sollte ich nicht geschockt sein. Vieles von dem, was ich heute gehört habe, weiß ich normalerweise. Und selbst wenn ich etwas von dem, was so gesagt wurde, vielleicht nicht wusste, dann habe ich es geahnt. Trotzdem war es ein Schock. Da was mit Fett, dort was mit Reiz, hie was mit Verdacht auf Unverträglichkeiten, dort was mit Stoffwechsel und irgendwas im Dunkeln was noch untersucht werden soll.

Entzündungen, die dafür sorgen, dass es im Umfeld Schmerzen gibt, wo es mangels Nerven selbst keine geben kann. Die Reizungen begünstigen. Blutwerte. Manchmal sagen, die eben nicht das aus, woran es mangelt oder was eben zu viel ist.

Ursachen gibt es viele. Übergewicht, Stress, Medikamente, ja sogar etwas, was andere vielleicht als gesundes Essen bezeichnen, kann für einen selbst dann schnell stressend, reizend und ungesund werden.

Als Mediziner muss man entweder sadistisch veranlagt sein oder mega gelassen. Am besten ist natürlich eine Kombination von beidem.

Etwa eine Dreiviertelstunde dauerte der Vortrag, nachdem der Tag mit Untersuchungen vollgepackt war. Und mit jedem Satz, der da mehr kam, war ich mir sicher, dass irgendwann der Satz kommen müsste, dass ich ein menschliches Wunder wäre, weil ich eigentlich schon seit ein paar Jahren klinisch tot bin. Aber der Satz kam nicht. Dafür ein Satz: „Das bekommen wir alles wieder hin, Sie brauchen nur Geduld.“

Ich und Geduld. Tzzz… auch wenn man es mir derzeit absolut nicht ansieht: Ich bin Ausdauersportler. Mir rotzt meine Ausdauer manchmal zu den Nasen und Ohren raus. Hab ich je behauptet, dass ich Geduld hätte? Dazu ging alles vor 10 Jahren viel zu glatt. Ich und Geduld?

Schmerzen sind was Schlimmes. Dafür gibt es Schmerzmittel. Das Schlimme nur: was, wenn jede Tablette, die man gegen die Schmerzen nimmt, zwar für einen Moment den Schmerz betäuben, dafür die Ursache der Schmerzen verschlimmern?

Gesunde Ernährung ist etwas Gutes. Nur was, wenn das, was man isst, für einen, wie Gift ist, weil man eben nicht ganz gesund ist?

Gibt es also zweierlei gesund sein?

Eigentlich nicht. Was ich hier rüberbringen will, ist eher, der Punkt: Das, was für den einen gesund ist, muss für den anderen eben nicht zwangsweise auch gesund sein. Und was für die Allgemeinheit passt, muss nicht unbedingt in deinem individuellen Fall passen.

Ich hätte sicher weitermachen können wie bisher im Glauben, dass ich mir etwas Gutes tue. Am Ende wäre es ausgegangen, wie mit einem Joghurt, der vor Erreichen seines Haltbarkeitsdatums schon verdorben ist.

Ausdauer habe ich. Die werde ich auch brauchen. Eine Medizin ist Bewegung. Deutlich mehr und andere Bewegung als bisher. Zumindest in absehbarer Zeit.

Die andere Komponente ist die Ernährung. Da waberten Begriffe wie Low Carb, die ich zur Genüge kenne, aber auch sowas wie Hafertage, Flexitarische Ernährung, Zuckerarm.

Wer mag schon Hausaufgaben, aber das ist es was ich zu tun habe.

Fisch und Geflügel sind OK, Rind und Schwein lass sein. Milchprodukte sind begrenzt in Ordnung, aber nur je nach Verarbeitung und Feststufe, aber nicht in Massen. Brot ja, aber bitte nicht mit Weizen, besser eher kohlenhydratarm. Erdbeeren sind OK, Kirschen eher nicht, wegen dem Zucker. Und Schoki ja bitte, aber nur die Zartbittere mit 70% oder mehr Kakaoanteil, aber auch dann nur in Maßen.

Da ist noch viel mehr… Der Körper muss wieder lernen, mit Ballaststoffen umzugehen, allerdings soll ich hier aufpassen, woher ich meine Ballaststoffe ziehe, das ein oder andere „gesunde“ zu essen, könnte die Giftstoffzentrale zu sehr belasten. Trinken Wasser oder Tee. Kaffee geht auch, aber nur schwarz.

Im Gegensatz zu meiner Mutter war ich nie der Kaffeetrinker. Wenn Kaffee mit Milch, das ging. Kaffee pur war mir meist zu bitter. Aber es soll auch Röstungen geben, wo die Bitterstoffe nicht ganz so durchkommen. Heißt für mich: Wenn Kaffee, dann zu Hause mit einem Kaffee, der für mich geschmacklich passt. Und mehr als eine Tasse beim Aufstehen trink ich eh in der Regel nie.

Hafertage. OK, hie und da liest man schon was über die positive Wirkung von Hafer auf die Verdauung und den Stoffwechsel. Ich habe aber bezweifelt, dass mich je jemand dazu bringen könnte, dass ich mehrere Tage Hafer essen würde. Drei Tage Haferbrei. Morgens Mittags abends. Mit Wasser oder Brühe. Mal mit etwas Obst, Gewürzen oder Gemüse verfeinert, wegen des Geschmacks. Das steht erstmal einmal im Monat an. Davon soll der Stoffwechsel wieder in den Schwung kommen.

Und dann halt viel Gemüse. Gemüse ist OK. Aber Brokkoli esse ich trotzdem nicht. Guckt, Euch das Zeug mal an, das ist doch kein Gemüse.

Die Argumente waren sehr überzeugend. Etwa so eine Nummer wie das mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum und meinem Joghurt.

Keine Zwischenmahlzeiten mehr. Also keinen Joghurt mit den vermeintlich links-rechts-drehenden Zellkulturen und Vanillegeschmack zwischen Tür und Angel mehr. Kein Apfel oder mal nenn Snack oder ein Stück Kuchen. Zwischen jeder Mahlzeit sollten vier bis fünf Stunden Pause liegen.

Wenn ich mit klarkäme, könnte ich es auch mal mit Intervallfastentagen probieren. Also statt drei nur zwei Mahlzeiten und dann 16 Stunden Essenspause.

Und wo wir bei Intervallen und Zeiten sind. Regelmäßiger Essen. Nicht mal um 12 Uhr, dann kurz vor 15 Uhr Mittag. Und mehr Bewegung.

So 30 Minuten Bewegung am Tag sollten es schon sein. Das mit den 10.000 Schritten sei veraltet, 8.000 würden medizinisch auch reichen. Optimal wäre, wenn irgendwo so zwischen 6.000 und 10.000 Schritte am Tag erreicht werden. Und ruhig 30 Minuten intensivere Bewegung am Tag.

Unmachbar hört sich das nicht an. Nur das Problem ist die Geduld. Man erwartet ja möglichst sofort, sichtbare und merkbare Fortschritte. Dafür das die Probleme schon lange genug im Raum stehen, wird es auch seine Zeit brauchen, bis alles wieder spürbar in die richtige Richtung geht.

Es sieht so aus, als wenn das heute ein ziemlicher Schuss in den Bug war. Vor allem der „Wenn Sie nicht…, dann…“-Part war ziemlich eindeutig.

Zudem muss ein Kieferproblem endlich angegangen werden. Bei einer Behandlung vor zwei Jahren an einem Zahn, schwoll kurzzeitig danach mein Gesicht an, sodass ich kaum meinen Mund aufmachen konnte, geschweige denn das ich richtig essen oder trinken konnte. Seit dem habe ich sporadisch unterhalb der Stelle wo der Zahn mal war am Kiefer sporadisch immer wieder schmerzen. Hier könnte eine Entzündung sitzen und die könnte meinen Problemen im Verdauungstrakt und auch weiteren Beschwerden Feuer geben.

Also Termin beim nächsten Fachmann. Ich hoffe ich warte da nicht wieder Monate.

Derweil such ich schonmal Rezepte für Eiweißbrote und kaufe kiloweise Haferflocken. Und natürlich muss ich noch die Unterlagen durcharbeiten, um zu lernen, was mir zurzeit guttut und was weniger. Und dann kommt noch der Antrag bei der Krankenkasse betreffend eines Ernährungsweiskittels, wobei die heutzutage mehr machen als nur auf Ernährung zu gucken. Ganzheitlich ist wohl hier eher das Stichwort. Wenn ich damit wieder in die Spur und das Meiste in Lot kommt, soll es mir recht sein.

Foto: canva PRO und canva PRO / Layout: canva PRO und Norbert Beck

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